Ricoeur and the Poetry of Revelation
DOI:
https://doi.org/10.5282/mthz/5412Abstract
Das Ziel dieses Beitrags ist es, den Zusammenhang zwischen Ricoeurs Darstellung der sprachlichen Vorstellungskraft und seiner Vorliebe für ein Verständnis der Offenba-rung als einer Angelegenheit der Textwelt und nicht der religiösen Erfahrung zu be-leuchten. Einem poetischen Offenbarungsverständnis liegt an der Wahrung der Rein-heit und Alterität der Phänomene und zugleich an der Offenheit für jenen poetischen Reichtum der Textwelt, der neuen Sinn schafft und neue Wege auftut. Die Darstellung folgt Ricoeurs Methode „detour–return“. Der erste „detour–return“ führt über Ricoeurs Darstellung der produktiven Einbildungskraft und untersucht, wie der Begriff der „Welt des Textes“ unser Verständnis von Offenbarung als Offenbarung einer neuen Lebens-Welt bereichern kann. Der zweite „detour–return“ widmet sich der Rolle der kritischen Distanzierung bei gleichzeitiger Bewahrung der Unterscheidungskraft. Ricoeurs Darstellung des menschlichen Wesens als einer Mischung aus Endlichem und Unendlichem ist dabei prävalent – wobei die menschliche Endlichkeit der göttlichen Unendlichkeit nicht gänzlich entgegengesetzt ist und das menschliche Verstehen daher nicht immer und ausschließlich eine Kontamination oder Begrenzung des göttlichen Übermaßes miteinschließt. Die letzte „detour-return“ folgt Ricoeurs Empfehlung, dass eine Phänomenologie der Religion den hermeneutischen Weg der Untersuchung der Texte beschreiten sollte, in denen religiöse Phänomene zum Ausdruck kommen. Aus-gewählte Passagen aus dem „Rig Veda“ sollen Offenbarung als theo-poeisis zu verste-hen geben – d. h. als Teilhabe an der göttlichen Kreativität. Bei alldem soll gezeigt werden, inwiefern Offenbarung auf die „Stiftung“ einer „neuen Welt“ und die Resti-tution des menschlichen Vermögens abzielt, darin wohnhaft zu werden.